Schauplätze aus HANSETOCHTER und DIE FEINDE DER HANSETOCHTER – TEIL EINS
Lübeck ist nicht nur die Königin der Hanse, sondern auch die Heimat des Kaufmanns-Ehepaars Henrike und Adrian, das mit ihren Familien im Mittelpunkt meiner „Hansetochter“-Romane steht. Die Altstadt Lübecks ist seit 1987 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. „Lübeck hat einen exemplarischen Charakter für die hansische Städtefamilie im Ostseeraum“, heißt es bei der UNESCO. Mein Stadt-Spaziergang auf den Spuren der „Hansetochter“ führt an den Schönheiten und historisch bedeutsamen Orten dieses Welterbes entlang.
Beginnen wir in der Nähe des Bahnhofs und zentraler Parkplätze am Holstentor. Das Wahrzeichen Lübecks hatte zu Zeiten der „Hansetochter“ – dem vierzehnten Jahrhundert – noch nicht das heutige Aussehen, wurde jedoch stetig ausgebaut. Heute läd das Museum Holstentor mit seinen Themenräumen sowie den Stadt- und Schiffsmodellen zu einem kompakten Einblick in Lübecks Geschichte ein.
An der Obertrave sehen wir die Salzspeicher am Binnenhafen. Die pittoresken Gebäude im Stil der Backsteinrenaissance wurden erst ab 1579 erbaut, kamen also für meine Hanse-Romane nicht in Frage. Dass sie sich vorzüglich als Schauplatz eignen, bewies u.a. Friedrich Wilhelm Murnau, der sie als Kulisse für „Nosferatu“ nutzte.
Nördlich des Holstentors beginnt die Untertrave. Hier befinden sich die Seehäfen. Wo auf der Trave heute Museumsschiffe und Dampfer für Hafenrundfahrten liegen, herrschte im Mittelalter Hochbetrieb. Im tieferen Hafenwasser lagen Handelsschiffe, wobei besonders große Koggen bereits vor Travemünde entladen werden mussten, da die Trave versandete. Über kleine Boote, wie die Prähme, wurden die Handelswaren abgeladen und auf den Kai gebracht.
Wir wenden uns der Alfstraße zu und müssen uns die trutzige Stadtmauer vorstellen, die früher den Hafen von der Altstadt trennte. Die Alfstraße gehört zu den ältesten Straßen Lübecks und wurde 1277 erstmals urkundlich erwähnt. Leider wurde die historische Bebauung im Westen Lübecks durch einen verheerenden Luftangriff am 29. März 1942 fast vollständig zerstört.
Dennoch sind auch in diesem Gebiet die Besonderheiten gut erkennbar: „Kerngerüst der Stadtarchitektur sind die in der Hochgotik errichteten Strukturen, die in der Parzellierung, der Aufreihung gleichartiger Giebelhäuser, Dachwerke oder Hochblendgiebel anschaulich werden. Die früh ausgeprägte wirtschaftliche und gesellschaftliche Differenzierung innerhalb des Stadtgefüges – im Westen die Kontor- und Wohnhäuser der wohlhabenden Kaufleute, im Osten das Kleingewerbe und die Handwerker – ist noch heute erlebbar. Besonders deutlich wird sie in der Anordnung der Gangbuden, Werkstätten auf dem rückwärtigen Grundstück der Kaufmannshäuser, zu denen ein enges Netz von Gängen führt“, heißt es bei der UNESCO.
An der Ecke (Nummer 38) befindet sich ein wunderschönes backsteingotisches Giebelhaus, das ich an anderer Stelle in diesem Blog bereits beschrieben habe. Zur Backsteinrenaissance zählt auch das Alte Backhaus in der Alfstraße 32. In HANSETOCHTER lebte Henrike bis zu den schicksalhaften Ereignissen nach dem Tod ihres Vaters in einem Dielenhaus in der Alfstraße. Wir können von hier aus bereits gut die Marienkirche erkennen, gehen jedoch zunächst in die Parallelstraße: Durch Thomas Manns „Buddenbrooks“ ist die Mengstraße die weltweit bekannteste Straße Lübecks. Das Haus Mengstraße 4, in dem die Großeltern des Nobelpreisträgers lebten, war das literarische Vorbild für Buddenbrooks. Zu den Bewohnern seit der ersten Erwähnung im Jahr 1289 gehörten Ratsherren, Bürgermeister und Ratsverwandte. Heute beherbergt das Buddenbrookhaus , das Heinrich und Thomas Mann-Zentrum. Doch in der Mengstraße gibt es eine Verbindung zu dem zweiten der drei Nobelpreisträger Lübecks: Der Vater des Politikers Willy Brandt lebte in der Mengstraße.
Adrian Vanderen kauft in HANSETOCHTER ein Haus in der Mengstraße und lebt dort auch in DIE FEINDE DER HANSETOCHTER mit seiner Ehefrau Henrike und ihrer gemeinsamen Familie.
In wenigen Schritten erreichen wir die Kirche St. Marien. Bereits um 1160, kurz nach Gründung der Stadt, gab es eine Marienkirche an diesem Ort. Ab dem dreizehnten- und vierzehnten Jahrhundert wurde der Holz- durch einen Steinbau ersetzt, so dass die Marienkirche heute als „Mutterkirche norddeutscher Backsteingotik“ gilt. Zur Zeit der HANSETOCHTER war die Marienkirche durch die zahlreichen Altäre und Heiligenfiguren geprägt. Als Rats- und Bürgerkirche ist sie Schauplatz etlicher Roman-Szenen, u.a. der Auseinandersetzungen am Hansetag 1379 in DIE FEINDE DER HANSETOCHTER. Die Marienkirche ist ein Bauwerk, das die Last, aber auch den Zauber der Jahrhunderte spüren lässt. Eindrucksvoll ist die Gedenktafel des Bergenfahrers Hans Ben von 1489, auf dem die vielfältigen Gefahren geschildert werden, die einem Kaufmann auf Reisen drohen. Sehenswert sind u.a. natürlich die Astronomische Uhr und die Totentanzfenster von Bernd Notke, aber als besonders beeindruckend empfinde ich die Gedenkkapelle mit der geborstenen Glocke – eine stete Mahnung für den Frieden.
Samstag, 2. Februar 2019