Das Tagebuch des Stralsunder Bürgermeisters Nicolaus Gentzkow (1502 bis 1567) sowie die Lebensbeschrebung seines Amtskollegen Bartholomäus Sastrow (1520 bis 1603) stammen zwar zeitlich aus der Zeit vor „Das Geheimnis von Stralsund“, sind aber dennoch wichtige Quellen, nicht nur, was die politischen Geschäfte, sondern auch das Alltagsleben angeht. Für mich als Autorin sind solche Tagebücher und Lebensbeschreibungen wertvoll, weil sich neben Fakten auch die Mentalität der Menschen herauslesen lässt.
Nicolaus Gentzkow beispielsweise feierte gern, wie man an dieser Beschreibung des Vorabends vor Martini sieht, der offenbar so exzessiv begangen wurde, dass der Stralsunder Bürgermeister am nächsten Tag seine Geschäfte ruhen lassen und auf der Bank liegen musste: 10. November 1560: „ … hielt ick mit minem Volck St. Martins auend, und dene mit drickende einen euenen groten exces, da tick des volgenden dages auer vp der benck liggen must.“
Gentzkow feierte mit seinem „Volk“, sprich: der Familie und seinem Gesinde, im Hainholz, in seinem Landgut Prohn oder in seinem Garten and er St. Jürgens-Kirche. Über einen Abend im Sommer 1558 schreibt er: „Am 25. August hatte ich in meinem Garten ungefähr 33 Frauen und 28 Jungfrauen ohne Knechte, Kinder und Mägde, die da aßen und tranken, was sie selbst brachten und tranken.“ Offenbar war es reichlich, denn für den nächsten Tag notierte er: „war ich mit meinem Volck auf dem Abend auch darin und verzehrten de übergebliebenen Brosamen.“
Natürlich erfährt man in Gentzkows Tagebuch auch viel über seine politischen Geschäfte, seinen Handel, gesundheitliche Probleme und sogar seine – sehr ausgefeilten! – Vorlieben, was Kleidung angeht. Für Januar 1560 notierte er: „In der Zwischenzeit ließ ich zu Stettin meine Samtmütze mit Mardern und Marderkehlen füttern, und als sie fertig war, da ließ ich sie wieder ausschneiden und mit edlen Mardern füttern; als mir aber dasselbe Futter nicht behagte, musste derselbe Meister sie noch einmal mit ganzen Rücken von Mardern füttern, und obwohl sie mir nicht allzu wohlbehagte, behielt ich sie dennoch und gab ihm vier Taler weniger einem Vierteltaler.“ Und da heißt es, Frauen seien in Modedingen kompliziert. Zitiert nach: Heidelore Böcker (Hg.): Das Tagebuch des Stralsunder Bürgermeisters Nicolas Gentzkow.
Foto: Stadtansicht Stralsund, Gemälde im Kulturhistorischenmuseum der Hansestadt.
Samstag, 2. Februar 2019